Längsstreifen bitte quer tragen!

Liebe Gabi,

danke für das prima Zitat von Steve Jobs, dem Mann, der gefordert hat, dass man seine Arbeit lieben müssen, weil man sonst keine gute Arbeit tun kann. Sein Gruß an alle, die Längsstreifen quer tragen, zeigt: die Welt braucht keinen Einheitsbrei, sie braucht Mutige, die sagen: “Aber der Kaiser hat ja gar keine Kleider an”.

Ich finde seine Forderung wichtig – tut etwas. Gestern im Vortrag hatten wir das Thema “Mach was aus deinem Leben”. Es ging darin um Selbstwirksamkeit. Jeder Mensch kann die Welt verändern. Es hat nur einen Buddha, einen Gandhi, eine Mutter Teresa, einen Napoleon und einen Hitler gebraucht, um die Welt zu verändern. Jeder kann es. Aber er muss eines machen: ins Tun kommen.

Haben wir keine Angst vor verrückten Ideen. Haben wir keine Angst vor dem Querdenken. Kommen wir ins Tun und lassen wir uns überraschen, wie viele Menschen froh darüber sind und sagen – oh, gut, da bin ich dabei. Nicht jeder ist ein Macher. Aber was tun, das können alle.

Eine spannende Woche wünscht

Christine

Steve Jobs

Here’s to the crazy ones, the misfits, the rebels, the troublemakers, the round pegs in the square holes… the ones who see things differently — they’re not fond of rules… You can quote them, disagree with them, glorify or vilify them, but the only thing you can’t do is ignore them because they change things… they push the human race forward, and while some may see them as the crazy ones, we see genius, because the ones who are crazy enough to think that they can change the world, are the ones who do.

Dies geht an die Verrückten, die Unangepassten, die Rebellen, die Unruhestifter, die runden Stifte in den quadratischen Löchern … diejenigen, die Dinge anders sehen – sie mögen keine Regeln…. Du kannst sie zitieren, eine andere Meinung haben als sie, sie glorifizieren oder verdammen. Aber das einzige was du nicht machen kannst, ist sie zu ignorieren. Denn sie verändern die Dinge… sie bringen die Menschheit voran und während einige sie als die Verrückten sehen mögen, sehen wir ihr Genie. Denn diejenigen die verrückt genug sind zu denken, dass sie die Welt verändern könnten, sind diejenigen, die es tun.

Steve Jobs (1955-2011)

 

Liebe Christine,

ich wünsche allen einen verrücken Wochenstart,

Gabi

 

Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose

Liebe Gabi,

Rosen – herrlich. Rosen begleiten mich auf besondere Weise mein Leben lang. Mein Großvater hat wohl vor dem Krieg einen Rosengarten angelegt, in dem er seine Lieblinge züchtete, versorgte und mit scharfem Auge und noch schärferer Schere hantierte. Meine Mutter war Fan von Teerosen. Lieblingsfarbe gelb. Bei Hildegard von Bingen lernte ich die Rose von anderer Qualität kennen – die Rosacea-Familie besitzt Heilkraft, dazu gehören die Äpfel, die Hagebutten und – die Quitte. Meine zweite Gartenleidenschaft neben Rosen und den Heilkräutern. Stell dir den Duft einer Quitte vor. Eine  Quitte reicht, um ein ganzes Haus zu beglücken. Und der Saft! Das Quittenmus, getrocknet und den Winter über als Köstlichkeit genossen! Und die Hagebutten, welch machtvolle Pflanze für Menschen mit Knochenschmerzen und Gelenkproblemen, das Pulver ein Elixier. Unser alter Hund, im Herbst humplig, schleckt es auf und humpelt nicht mehr.

Rosen! Ich liebe Rosen und habe vor ein paar Jahren einen Rosengarten mit alten englischen Rosen angelegt. Im Heilpflanzengarten sitzen die moderneren Rosen, die sogar ihre Farbe beim Blühen wechseln, die ich mag wegen ihres Namens (Chippendale!) oder wegen ihrer Knallerfarbe schätze wie da Vinci. Vorn aber ist es “englisch”. Wahre Blütenbüschel. Eine Rosenblüte füllt eine Vase. Am Bogen klettert James Galway, nach dem Flötisten benannt, der eine goldene Flöte spielt. Am Rand Mary Jane, die in zehn Jahren eine Dornröschenhecke bilden soll. Und zwischendrin eine einzige tiefdunkelrote Rose neben meiner cremefarbenen Queen of Sweden, überwölbt von Brother Cadfael in herrlichstem weiß-rosé. Das ist kein Rosengarten. Das ist ein wahr gewordener Traum. Bienen, Hummeln, Falter tummeln sich, denn zwischen den Rosen ranken sich Phlox, Frauenmantel, Muskatellersalbei, Angelikawurzel (fast zwei Meter hoch!), alle Arten Lavendel und Salbeisorten. Der Blick aus dem Küchenfenster – Gute Laune-Garant.  Rosen – das dornige Grüßlein vom Paradies. Oh ja.

Die Heilkraft der Rose – sie ist ein Kunstwerk an sich. Ihre Schönheit, ihr Duft, ihre Vielfalt, hier findet jeder “seine” Rose. Das Symbol für Liebe und Harmonie. Die fünf Bärte unter der Blüte: hast du sie bemerkt? Fünf Zwerge sitzen darunter, mit unterschiedlichen Bärten. Und schneidest du den Apfel quer, entdeckst du das Pentagramm. Alle Rosaceen bergen tiefste Geheimnisse. Denke an das Rosenkreuz der Rosenkreuzer, sieben Rosen umranken es. Tiefe, tiefste Wahrheiten. Der Name  der Rose – hier ging es um Aristoteles und die Frage des Lachens.

Und im Winter, wenn ich auf meine angehäufelten Rosen schaue, denke ich oft “Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose” und hole mir “Nur eine Rose als Stütze” her. Damit allen heute einen rosenblütengefüllten Sonntag.

Christine

Ich richte mir ein Zimmer ein in der Luft
unter den Akrobaten und Vögeln:
mein Bett auf dem Trapez des Gefühls
wie ein Nest im Wind
auf der äußersten Spitze des Zweigs.

Ich kaufe mir eine Decke aus der zartesten Wolle
der sanftgescheitelten Schafe die
im Mondlicht
wie schimmernde Wolken
über die feste Erde ziehen.

Ich schließe die Augen und hülle mich ein
in das Vlies der verläßlichen Tiere.
Ich will den Sand unter den kleinen Hufen spüren
und das Klicken des Riegels hören,
der die Stalltür am Abend schließt.

Aber ich liege in Vogelfedern, hoch ins Leere gewiegt.
Mir schwindelt. Ich schlafe nicht ein.
Meine Hand
greift nach einem Halt und findet
nur eine Rose als Stütze.

Was bleibt, ist der Mensch

Liebe Gabi,

alle Menschen, die in sozialen Settings arbeiten, brauchen einen guten Schutz für sich selbst. Das ist Bestandteil unserer Arbeit. Kein Therapeut wird nicht von seinen Klienten berührt. Was Menschen manchmal tragen müssen, ist groß. Riesengroß. Aber: wie tragen diese Last nicht. Deshalb sind wir emotional mit viel Übung ein Stückchen entfernt. Therapeuten lernen, sich zu schützen, für sich zu sorgen und haben auch die Möglichkeit, sich in der Supervision gut auszutauschen.

Wenn die Frage darauf zielt, wie wir Menschen stärken können, dass sie selbst die Situation gut durchstehen können: da hast du vieles genannt. Soziale Netze sind wichtig. Im Notfall trennt sich die Spreu vom Weizen, wird uns klar, auf wen wir zählen können und wer sich bei uns nur an “guten Tagen” gütlich tut. Da wird auch schlagartig klar, was generell im Leben wichtig ist – insofern sind diese Situationen oft ein Befreiungsschlag hin zu dem, um was es im Leben wirklich geht. Jeder Mensch hat  seine individuellen Kraftquellen und auch seine ureigenen Ressourcen. Wie hat er früher Krisen bewältigt, was hat ihm “immer” geholfen – das braucht er auch in einer aktuellen Notlage. In der Arbeit schauen wir nach diesen Strategien und zeigen auf, wie der Einzelne an seine Resilienzkräfte kommt. Und manchmal, wenn die Last so groß ist, dass sie erst einmal nicht tragbar ist, zeigen wir, wie sie abgelegt, vielleicht aufgeteilt, auch auf mehrere Schultern gelegt werden kann. Und wie es geht, dass man von einem Tag zum anderen, manchmal nur von einer halben Stunde zur nächsten überlebt.

Der Glaube kann Wunder bewirken. Und die Liebe kann das. Deshalb suche ich nach solchen Kraftquellen, und wo sie nicht zu finden sind, müssen wir nehmen, was da ist. Ich habe noch keinen einzigen Menschen gesehen, der nicht irgendetwas im Leben hat, das er mag, das ihn trägt, das ihm hilft. Und dann bauen wir auf dem auf, was ist.

Schicksalsschläge können unfassbar groß sein. Manchmal kann man nur die Tage überstehen und es bewegt sich nichts. Nicht selten warten Menschen lange auf Diagnosen, darauf, dass Unverständliches “einen Namen” bekommt, denn dann “kennt” man es. Nichtwissen belastet am schlimmsten, schlimmer als Fakten. “Leben Sie die Fragen, dann wachsen Sie eines Tages in die Antworten hinein”, riet Rilke. Das mag angesichts schlimmer Prüfungen “zu leicht” klingen. Aber genau das ist der Weg. Nehmen, was ist und darauf vertrauen, dass es Wege hinaus geben wird.

Solange Menschen im Kontakt bleiben, miteinander sprechen und sich öffnen können, wird einer herkommen und einen Topf Hühnersuppe bringen, eine Wolldecke umlegen oder gemeinsam weinen. Unter jedem Dach ist ein Ach. Die Bewältigung von Schicksalsschlägen ist ein langer Weg. Aber keiner muss ihn alleine gehen.

Natur heilt, Musik heilt, die menschliche Begegnung in Liebe heilt, Glaube heilt, Kreativität heilt. Von einem zerbrochenen Teller können wir vielleicht nicht mehr essen. Aber wir können Mosaiksteinchen daraus machen und Neues gestalten. Die Narben, die uns das Leben schlägt, halten oft sehr gut. Aber bis dahin ist es ein langsames Heilen von innen heraus.

Machen wir die Augen auf, wo die Nachbarn Hilfe brauchen und vertrauen wir darauf, dass wir Hilfe bekommen, wenn wir sie benötigen. Das ist Menschsein auch.

Herzensgruß

Christine

Kraftquellen

Liebe Christine,

in unserer Arbeit mit Menschen begegnet uns immer wieder die Frage: “Woher soll ich die Kraft nehmen, das zu überstehen?”

Jeder kann seine eigenen Kraftquellen finden, in der Familie oder bei Freunden, in der Natur, in der Musik, in der Literatur und im Gebet.

Fortsetzung von dir…

Danke, Gabi

 

Das Wasser des Lebens

Liebe Gabi,

panta rhei – alles fließt. Egal ob Heraklit oder Platon der Schöpfer der Aussage war.  So, wie das Wasser fließt, verdunstet, verdampft, versickert, regnet, aufsteigt – so ist das Leben. Das Rad des Lebens dreht sich unaufhörlich und das ist gut so. Nichts bleibt. Nicht das Gute, leider, nicht das Schlechte, ein Glück. Alles erscheint, rückt nach vorn, tritt nach hinten, vergeht. Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen.

Wenn wir volle schwere Herzen haben, kann das Sitzen am Fluss eine große Erleicherung sein. Wenn alles wieder ins Fließen kommt, können auch Tränen fließen. Unsere Seele hat viel mit dem Wasser zu tun, deshalb sind Bäder so ein Segen und Wasser ist viel mehr als ein Lebenselixier. Es ist das Leben.

Heute habe ich viel gesehen – fröhliche Wassertröpfchen, die zerspringen. Schwere Tränentropfen, die ersticken. Wuttränen, die fast bewaffnet die Augen verlassen haben. Und einmal habe ich Tränen gelacht. Das ist das Leben. Alles. Das Schöne. Das Schwere. Und das Wasser ist nicht nur mein Lebenselement als Fischegeborene, sondern auch das, was ich am meisten mag, wenngleich wir bei Laotse gelernt haben: Nichts ist weicher als Wasser und nichts kann den Fels spalten denn Wasser. Es gibt nichts Gutes oder Schlechtes, sondern wie beim Jin- und Yangzeichen ruht der Keim des einen im anderen.

Mögen alle Menschen heute gutes Wasser bekommen. Die einen zum Trinken, die anderen, um zu lernen. Jeder, was er braucht. Und wer mag, lese “Das Wasser des Lebens” wieder einmal.

Eine gute Zeit

Christine

Der Lauf des Flusses

Liebe Christine,

manchmal schaue ich dem trägen Lauf des Flusses zu.

All den vielen Wassertropfen, die zum Meer fließen. Wo sie vielleicht darauf hoffen, durch die Luft zu schweben. Sich zu einer schweren Wolke zusammenzubrauen um dann mit viel Getöse auf die Erde zurückzufallen. Wo sie von den Pflanzen, Tieren und Menschen dankbar erwartet werden. Um dann in die dunkle Erde abzutauchen und irgendwo lustig glitzernd als Quellwasser wieder herauszusprudeln. Als kleiner Bach, der irgendwann in einen Fluss mündet. Und so dahin treibend, sitzt irgendwo am Ufer jemand, der den Lauf des Flusses beobachtet…

Herzensgrüße, Gabi

Selbst-Wirksamkeit

Liebe Gabi,

und davon, ob die Menschen, die jetzt schon lesen können, auch ein Umfeld schaffen können, in dem die Einbildungskraft wachsen, sich entwickeln und sich frei entfalten kann.

Jeder einzelne Mensch hat die Möglichkeit, die Welt von morgen mitzugestalten.  Wenn ich höre: “Was soll ich denn als Lieschen Müller tun können?”, frage ich: Wie viele Napoleons, Hitlers, Gandhis, Buddhas, Jesus hat die Welt erlebt? Einen. Ein einziger Mensch kann das Gesicht der Erde komplett verändern. Auf Tausende von Jahren hinaus. Wir sind nie machtlos und ausgeliefert. Unsere  Entscheidungen jeden Tag gestalten zu jeder Sekunde die Welt. Was ich anziehe ist eine Entscheidung für sorgsamen Anbau, faires Geld, Naturschutz, genauso wie das Essen und meine Möglichkeiten, die ich auch im Politischen nutzen kann. Das macht Arbeit. Ich muss mich informieren. Mich bemühen. Auch mal was aushalten können. Und dazu brauche ich die gute Einbildungskraft und das afrikanische Sprichwort: wenn viele kleinen Menschen an vielen kleinen Orten der Erde viele kleine Schritte tun, können sie die Welt verändern.

Phantasie ist wichtig. Und das Erkennen und Nutzen meiner eigenen Möglichkeiten. Schaffen wir also eine “gute Kinderstube”. Oder fällen wir eine bewusste Entscheidung – ab sofort mache ich es anders.

Allen einen schönen Jupitertag und viel Kraft

Christine