#43

Aonghas schwieg für einen Moment. Diesen Augenblick der Ruhe nutzten die Tiere, um sich zu ihren jeweiligen Menschen zu gesellen. Hills Rabe saß ruhig an seiner Seite. Collande wunderte sich nicht, dass der Bär hinter ihm Platz genommen hatte und er erschrak auch nur einen Moment, als er merkte, dass er sich wie automatisch an ihn angelehnt und der Bär das mit wohligem Gebrumm und einer mächtigen Pranke auf Collandes Bauch quittiert hatte. Es fühlte sich an wie ein Heimkommen. Kyras Hand wanderte in das Fell des riesigen Wolfs.

Mordagh erhob sich und alle im Rund spürten, dass dieses Paar eine Verbindung der mächtigsten Heiler aller Zeiten darstellte. Niemand wunderte sich, dass Mordaghs Hand ins Wasser des Quellsteins glitt und dort einen Lachs berührte. Ein Lachs im Quellstein – und doch war es genau so richtig. Der Bucklige schloss den Dachs in die Arme.

Mordagh erhob die Stimme und es war, als würde jedes einzelne Blatt an jedem Baum ihre Worte aufnehmen und weiterwispern. Jedes Wort setzte sich millionenfach in den Wald hinein fort, als besäße Mordagh auch die Gabe, Botschaften in die Welt zu setzen.

„Wir sind hier zusammengekommen, weil das Ende unserer Zeit als kleines Volk gekommen ist“, begann sie. „Seit alten Zeiten war es unsere Aufgabe, zu heilen, zu helfen und die Natur zu bewahren. Nun hat der Mensch die Herrschaft über die Welt übernommen. Eine Zeitlang war die Menschheit in der Lage, unser Wissen zu nutzen. Nun hat etwas die Herrschaft über die Menschen übernommen, dem wir nichts entgegen zu setzen haben. Seit Anbeginn der Zeit ist uns das Ende unseres Volks angekündigt worden und wir hatten in den letzten Jahrhunderten unfassbar viel Arbeit damit, die offenen Rechnungen, die das kleine Volk mit den Menschen hatte, zu begleichen. Wir sind fertig bis auf eine offene Rechnung.“

Über den Kreis senkte sich tiefstes Schweigen. Alle wussten, alle ahnten es. Und alle hatten Angst davor, dass Mordagh weiterspräche.

In diesem Moment trat der mächtigste Wolf aus dem Wald, der jemals erblickt worden war. In Sekundenbruchteilen hörte das Wispern der Blätter auf. Der Wind säuselte nicht mehr angenehm warm, aus der Luft stürzten winzig kleine messerscharfe Schneeflocken über die Gruppe. Frösteln überzog jeden, die Welt schien zu erstarren. Selbst der Bär hinter Hill hielt den Atem an.

Der Wolf trat vor Mordagh und Aonghas und verwandelte sich in Diarmaid. Die Luft blieb eisig. Der Atem wurde zu Wolken vor den Nasen und Mündern. Der Rabe scharrte unruhig mit den Krallen. Diarmaids Mal leuchtete. Er trug ein schneeweißes wallendes Gewand.

„Diarmaid, sei willkommen“, sprach Aonghas und seine Stimme klang noch tiefer als sonst. „Berichte, was du uns zu sagen hast.“