Gesunde Ernährung – wunderbar!

Sensation. Ein Mitglied meiner Familie, das die Küche als Treffpunkt aller betrachtet, aber nicht als der Ort, an dem das, was täglich gegessen wird, hergestellt wird, möchte kochen lernen. Nachdem ich glaubhaft machen konnte, dass ich nicht 100 werde, gewisse Personen also darüber nachdenken müssen – so Essen auf Rädern nicht die erste Wahl sein sollte – sich ernähren zu können und ich überall Attila Hildmann-Kochbücher drapierte mit der Anmerkung “das ist mal echt ein krass toller Typ, macht voll Spaß, den anzugucken” und rund 30 Jahren Gemecker “bin ich der einzige Mensch, der hier kochen kann”  höre ich: “Ich möchte das gern kochen können. Ich les das Buch jetzt durch.” Der Grund ist einfach – Herr Hildmann hat sich die Mühe gemacht und die gesunde Ernährung wissenschaftlich untersucht. Das freut den Biologen, das ist interessant, überall auf den Fotos Reagenzgläser, weiße Kittel, das ist Heimatgefühl. Na also. Wenn das den Ausschlag gibt …

Gestern Tag 1 des Experiments. Jeden Tag soll man ein Glas bestimmten Saft trinken.  Das Filettieren dreier Orangen ging nach einer langen Einführung ganz gut. Dass wir Maccha haben, wusste er noch nicht (was, glaubt er, trinke ich jeden Mittag, was er “grünes wirklich Ekliges” nennt?). Egal. Drei benutzte Maschinen später sagt er (den Geschirrberg betrachtend): Das muss man doch auch einfacher machen können. Hm. Heute wird also alles in den Smoothiebereiter geworfen. Das Gerät qualmt. Es stinkt. Vielleicht hätte man den halben Kürbis (“kommt ja nicht aufs Gramm an, oder” sagt der Untergewichtige an meiner Seite mit verspritztem Hemd fröhlich) zerkleinern und die Kerne rausmachen sollen. Und den Stiel vom Apfel weg. Bei den Orangen konnte ich einschreiten, wobei ich es erst drauf ankommen lassen wollte (der Geschmack wäre lehrreich gewesen). Egal, ich muss ja mittrinken. Nach Zugabe von einem guten Liter Wasser ging es dann. Ins Glas ploppte eine dicke Pampe. “Merkste jetzt, warum der Attila ENTSAFTER geschrieben hat und nicht Smoothiemixer?” Er ist ansatzweise überzeugt. Ich würge die Gipsmasse runter. Man soll ja immer ermutigen und wenn mein Ziel ist, mal nicht mehr allein kochen zu müssen, muss ich jetzt auch mal durch diese Leidensphase, das ist ja nur Übung.

Gestern gab es Süßkartoffeln mit Tofu. Am Nachmittag aßen wir, weil das Einpinseln der Kartoffeln und die Diskussion, wie Rosmarin aussieht, dauerte. Der Tofu blieb am Mixstab stecken. Das Küchenfenster ist wieder sauber.

Heute der Plan, das einfachste Gericht im Buch zu machen. Karottennudeln. Das Schneidegerät steht bereit. Vorn kommen kleine Halbscheiben heraus. Mit dem Sparschäler sieht es auch nicht aus wie auf dem Bild im Kochbuch (Foodfotografen sind Meister der optischen Täuschung, vermute ich). Und jetzt das eigentliche Wunder. Ich habe die Küche verlassen, nachdem ich rund 40 Minuten Geschirr gespült habe, das benutzt wurde, um die Zutaten für die Tomatensoße herzustellen (sie ist noch nicht gekocht, aber vorbereitet, was ja der These nach “echt die halbe Miete ist, der Rest ist ja nur noch reinwerfen in die Pfanne, steht da”). Und war jetzt schon dreimal in die Küche gebeten worden. Weil das Spielkind jetzt entdeckt hat, wie man Karotten in den Spiralschneider spannt, damit hinten Radischlangen rauskommen. Und ein Strunk bleibt in der Mitte, der löst Fragezeichen aus: “Was machen wir denn mit den Karottenstiften?” Ich bin gespannt. Alles ist vorbereitet. Es muss nur noch in die Pfanne geworfen werden. Ich denke, heute Abend werden wir köstlich speisen. Falls er bis dahin das Mandelmus aus dem Mixer gepopelt hat, das hat sich da ein wenig angepappt.

Ich bin zuversichtlich. Es wird wunderbar sein zu sagen – kochst du oder ich? Attila, ich danke dir. Und das mit dem Abnehmen klappt dann auch, wenn ich nicht gezwungen bin, aus pädagogischen Gründen einen halben Kürbis mit allem Drum und Dran aus dem Glas zu brechen. Mit ZWEI Äpfeln pro Nase.  300 Gramm filettierten Orangen, jeder Menge Maccha (2 Messerspitzen steht da im Buch. Drin sind rund 2 Esslöffel, denn Attila hat vergessen, dazuzuschreiben, dass das nicht die Breite des Gemüsehackbeils ist. Egal, ich wollte eh wach sein heute).  Nachdem wir im botanischen Buch nachgeschlagen haben, was Oregano ist (ich erspare ihm nichts und zeige nicht nur stumm auf das Marmeladenglas, in dem wir unseren eigenen Oregano aus dem Garten haben), sehe ich ein verheißungsvolles Land köstlicher Gerichte. Und ich werde mich mit letzter Kraft über die Tomaten hermachen, denn das ist leider drin in dem Essen (und ich hasse die). Es wird eine Zeit der Opfer bedeuten, aber heureka, dann wirds schön. Und ehrlich – mit dem halben Kürbis im Bauch hab ich wirklich gar keinen Hunger auf Mittagessen mehr. Praktisch. Ein halber Kürbis und gut ists. Und ich kriegs nicht an der Prostata, weil mit Kernen gemixt, das ist echt toll.

Bestens genährte Grüße an alle, die heute Krapfen bekommen und eine schöne Kartoffelsuppe. Helau

Christine

Klarheit

Liebe Gabi,

dieses Foto von Steffen Kessler begeistert mich immer wieder. Die Christusfigur von Rio de Janeiro, vom Nebel umwallt. Hier bei uns oben tobt der Wind, dauernd knallt ein Fenster zu. Die Wolken jagen sich. Kräfte wirken. Dinge verändern sich massiv. Warme Luft peitscht die kalte davon. Was nicht anpassungsfähig ist, hält diese Wechsel nicht durch.

Wir haben derzeit am Himmel eine einmalige Planetenkonstellation haben, weil gleichzeitig fünf unserer Planeten wie auf einer Reihe am ganz frühen Morgenhimmel Richtung Südwest zu sehen sind. Das ist großartig. Wenn man bedenkt, dass die Bewegungen der Planeten, setzt man sie grafisch um, die drei Formen Fünfstern, Sechsstern und Zwölfstern ergeben, erkennen wir einen Teil der kosmischen Ordnung. 25920 Mal atmen wir am Tag. Dann ist ein Erdentag vorbei. 25920 Jahre braucht die Sonne, dann ist ein platonisches Weltenjahr beendet. Mikrokosmos und Makrokosmos.

Am Wochenende habe ich in den Kursen über Viktor Frankl und Carl Rogers gesprochen. Frankls Lebenswerk dreht sich um die Frage nach dem Sinn. Da ist mir eingefallen, dass er mal geschrieben hat: „Ich habe noch keinen Fall von Neurose gesehen, bei dem nicht als letztes Problem und als letzter Konflikt, wenn man es so nennen will, sich eine ungelöste metaphysische Frage enthüllt hätte.“ Und das zeigt Steffens Bild ganz wunder-bar.

Eine gute Woche wünscht von Herzen

Christine